Moskau

St.Petersburg
- Moskau

Was wäre eine Russlandreise, ohne einmal über den Roten Platz geschlendert zu sein?

Nach 4 Wochen in St.Petersburg packe ich also meine Sachen, verabschiede mich von Olga, Victor und den Freunden, die ich am IMOP kennengelernt habe. Zwei davon, Meyasar und Roman, bringen mich abends noch zum Zug und helfen mir mit meinem ganzen Gepäck. Echt klasse von den beiden.

Dann ruckelt es einmal und der Nachtzug Richtung Moskau setzt sich in Bewegung. Lange dauert es, bis wir die endlosen Bahnhofsgleise hinter uns haben. In St.Petersburg heisst der Bahnhof für die Züge nach Moskau Moskauer Bahnhof, in Moskau umgekehrt Leningrader Bahnhof; beides Kopfbahnhöfe wie auch die anderen in den beiden Grossstädten. Nach kurzer Zeit kommt die Schafferin vorbei, kontrolliert peinlichst die Fahrkarten und kassiert 30 Rubel (ca. 1 EUR) für die Bettwäsche. Für die 8-stündige Fahrt im 4er-Schlafwagen hatte ich vorher 820 Rubel (ca. 24 EUR) abgedrückt. Mit im Abteil sind ein Grossvater, der mit Tochter und Enkel reist. Der Grossvater kann sogar ein paar Worte Deutsch und grüsst mich am nächsten Morgen freundlich mit "Guten Morgen!" Er hatte als 7-jähriger Junge im Krieg die Belagerung Leningrads durch die deutschen Truppen miterlebt.


Ankunft
in Moskau

In aller Frühe kämpfe ich mich mit meinem ganzen Gepäck in die Metro. Mit den 40 Kilo im Kreuz wird es ganz schön wacklig auf der Rolltreppe. Nach 40 Minuten Metrofahren, holt mich Irina direkt am Bahnsteig ab. Irina und Alexej, beides Ur-Moskoviter nehmen mich ganz herzlich auf. Wie viele Menschen in den grossen Städten wohnen auch sie in einem der unzähligen Plattenbauten. Eingangstür, Flur, Aufzug - alles ähnlich wie bei Olga in St.Petersburg. Es kommt mir vor, als wenn alles aus ein und derselben Fabrik kommt. Innen haben Irina und Alexej ihre Wohnung jedoch nett eingerichtet. Die Küche ist typischerweise winzig, aber man weiss sich mit etwas Geschick immer zu helfen. Zudem ist die Enge häufig auch einfach nur gemütlich. Dass die Wohnung der beiden nur 30 qm hat, hätte ich nie geglaubt, wenn ich bedenke, dass es bei mir in Heidelberg auf 46 qm manchmal schon eng wird. Irina kocht sehr gut und ich komme in den Genuss vieler Leckereien wie Pilzsuppe, Wareniki, süssen Quark, gekochtes Gemüse, gefüllte Paprika, Salat aus Gurken, Tomaten und Paprika. Nach dem Essen gibt es meistens Tee, manchmal auch Obst oder selbstgemachten Kompott. Das ist so eine Art Beerensaft aus Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren, usw. und ist gut gekühlt sehr erfrischend.
Metro Aufzug Irina und Alexej


Stadtrundgang
in Moskau

Irina und Alexej sowie deren Tochter Lena sind sehr nett und nehmen sich viel Zeit, um mir viele interessante Sehenswürdigkeiten in Moskau zu zeigen.

Der Moskauer Kreml, wo sich wie kaum ein einem zweiten Ort russische Macht und russische Geschichte konzentrieren, steht natürlich als erstes auf dem Programm. Über eine Brücke geht es in den von einer dicken, roten Mauer umgebenen Kreml. Wir gehen an dem klotzigen 60er Jahre Kongresspalast vorbei. Dann kommt so eine Art "Dicke-Bertha-Kanone" und eine riesige Glocke, aus der ein Stück herausgebrochen ist. Weder Glocke noch Kanone waren je im Einsatz. Schliesslich gelangen wir auf eine Platz, umrahmt von vier orthodoxen Kirchen und einem getrennt davon stehenden, alles überragenden Glockenturm. Die Kirchen haben die typischen goldenen Zwiebeltürme und sind im Innern komplett bis unter die Decke bemalt. Sie stammen alle aus dem 15-17.Jahrhundert. Auf meine Frage, ob die denn damals so gläubig waren, dass sie 4 Kirchen fast zur gleichen Zeit gebaut haben, werde ich aufgeklärt, dass damals jeder neue Herrscher seine eigene Kirche bauen liess.

Wir verlassen die heiligen Kremlmauern und gehen zum Grab des unbekannten Soldaten. Hier wachen zwei Posten neben dem ewigen Feuer. Dem Brauch nach kommen viele Hochzeitspaare hierher, legen Blumen nieder und lassen sich mit den Wachen im Hintergrund fotografieren. Nebendran, wie auch sonst an allen möglichen Ecken sind Relikte der Feierlichkeiten zum 60jährigen Kriegsende, wobei hier eher der grosse Sieg als ein Ende des Kriegselends gefeiert wird.

An den wiederauferstandenen Lenin und Zar Nikolas I. vorbei gelangen wir schliesslich zum Roten Platz. Der Platz selber ist gar nicht rot. Rot sind eher das Historische Museum und die Kremlmauer. Und richtig eben ist der Platz auch nicht. Es ist eher so ein Buckel, der nach allen Seiten abfällt und mit buckligen Kopfsteinen gepflastert ist. Die Bezeichnung "Roter Platz" (Krasni Ploschad), so lasse ich mir sagen, hat gar nichts mit der Farbe Rot zu tun. Das russische Wort "Krasni" stand vor dem 20.Jahrhundert noch für schön und nicht wie heute für rot.

Die schicke Basilius-Kathedrale mit den kunterbunten Zwiebeltürmen, eines der Wahrzeichen Moskaus, am einen Ende des Roten Platzes ist ein echter Blickfang. Gegenüber der Kremlmauer befindet sich das berühmte Kaufhaus GUM, ein riesiger Bau mit drei langgestreckten Glaskuppeldächern. Im lichtdurchfluteten Innern sind auf 3 Etagen etliche, edle Modeläden und Kaffees untergebracht. Alexej gibt ein Eis aus. Das leckere Sahneeis im Hörnchen gibt es wohl nur hier und gehört einfach zum Pflichtprogramm.

Um die Runde um den Kreml komplett zu machen, gehen wir schliesslich weiter unterhalb der Mauern am Fluss Moskwa entlang. Unweit des Kremls fällt die riesige, goldene Kuppel der Erlöserkathedrale auf. Auf der gegenüberliegenden Seite dreht sich ein die Sterne auf den Toren des Kreml weit überragender Stern - der riesige Mercedesstern. Wenn ich mir die Autos auf den Strassen ansehe, gibt es mittlerweile vielleicht fast ebensoviele Mercedessterne wie Sowjetsterne im Land. Gerade in Moskau sieht man Luxuskarossen, teilweise exklusive Sonderanfertigungen, am laufenden Band.
Kreml lenin Basilius Zar Alexander
Historisches Museum GUM
Hochzeit Erloeserkathedrale


Viele Denkmäler und Gebäude in Moskau beeindrucken zuerst durch ihre gigantischen Ausmasse. So auch die Staatliche Moskauer Universität. Auf einer Anhöhe im Süden der Stadt steht der galaktisch grosse Bau mit seinen 36 Stockwerken und vier riesigen Flügeln. Der mittige Turm mit dem Sowjetstern obendrauf reckt sich 236 m in den Himmel. Ebenfalls von riesigen Abmassen ist der Platz vor dem Unigebäude, gesäumt mit Büsten berühmter Professoren, wie z.B. Pawlow (der mit dem Hund). Vom Rande des Platzes hat man eine herrliche Aussicht über die Stadt. Auch die Souvenierhändler wissen um die Bekanntheit des Platzes und packen ihre Matrjoschkas aus. Hier kommt auch die erste Ural in Sicht, Modell Wolk, ein Shopper mit Boxermotor, nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Das Uni-Gebäude ist eine von Stalins Sieben Schwestern. So werden die 7 Sowjet-Wolkenkratzer genannt, die Stalin in den 50er Jahren bauen liess, um neidisch auf New York blickend Moskau auch eine Skyline zu verpassen.
Uni Uni Matrjioschka
Uni Wolk


Ebenfalls im Süden Moskaus befindet sich das wunderschöne Kloster Novodevichy aus dem 16.Jahrhundert. Das Klosterareal ist Von einer dicken Festungsmauer umgeben. Im Innern geht man durch einen nett angelegten Park. Darin verteilt findet man eine Kirche, natürlich mit goldenen Zwiebeltürmen, davon getrennt einen hohen Glockenturm, eine kleine Kapelle und einige Wohn- und Arbeitsgebäude. In der Kirche findet gerade eine Art Anbetung statt, die angeblich die ganze Nacht dauert. Bänke gibt es nicht. Der Pope rennt mit dem Schwenkelpott zwischen den wild verteilt stehenden Gläubigen durch. Ab und zu singt noch ein Chor dazu.
Kloster Novodevichy Kloster Novodevichy Kloster Novodevichy


Schon von weitem fällt das riesige, 94,5 m hohe Monument Peters des Grossen auf, wie er auf einem viel zu klein geratenen Schiff steht. Man sagt, dass die Skulptur eigentlich Christof Columbus darstellt. Nur der Kopf sei von Peter dem Grossen. Bei genauem Hinsehen fällt es dann auch auf, dass Kopf und Rumpf nicht so recht zueinander passen.

Direkt nebendran ist der absolut sehenswerte Skulpturenpark, eine bunte Mischung von Skulpturen aus Stein, Metall und Holz. U.a. finden sich hier auch "ausgemusterte" Statuen von Lenin und Stalin. Insbesondere wird an die Opfer der vielen Verbrechen Stalins erinnert.
Peter I. Skulpturenpark Skulpturenpark Skulpturenpark
Skulpturenpark Skulpturenpark
Skulpturenpark Skulpturenpark
Skulpturenpark


Die alte Tretjakow-Galerie sehe ich aus Zeitgründen nur von aussen, ebenso den alten Staatszirkus mit den Clownfiguren davor.
Tretjakowgalerie Alter Zirkus
Alter Zirkus Alter Zirkus
Alter Zirkus Alter Zirkus


Metro

Zweifellos ist die Metro in Moskau eine der beeindruckendsten der Welt. Sie ist zwar nicht so tief wie die in St.Petersburg, aber die Stationen sind noch prunkvoller. Die Bahnsteige sind in verschiedenen Marmorsorten ausgekleidet. Bronzeembleme, meist mit Hammer und Sichel, schmücken die Wände. Die kuppelförmigen Decken sind mit Mosaik geschmückt. Auch der Bronze gewordene Spitzbart empfängt einen auf der ein oder anderen Station. Fährt man die lange Rolltreppe hoch, gelangt man in mit griechischen Säulen gesäumte Empfangshallen.

Als herumglotzender Touri stehe ich jedoch meist im Weg. Die Menschenmassen rasen an mir vorbei. Zug kommt, Türen auf, Leute raus, Leute rein, Türen zu und los. Der Takt ist gnadenlos und mit den sich schliessenden Türen legt sich niemand an. Zu Spitzenzeiten fährt die Metro im Minutentakt(!). Die klapprigen Züge sind genau die gleichen wie in St.Petersburg, alles wie aus einer grossen Fabrik. Das harte Leben in Moskau spiegelt sich in den Mienen der Menschen in der Metro wider. Wenige sprechen miteinander, viele sitzen mit leerem Blick und heruntergezogenen Mundwinkeln so gut wie regungslos, nur durch das Anfahren des Zuges kurz geschüttelt auf den braunen Kunstlederbänken. Hin und wieder steigt ein Verkäufer zu und will Zeitschriften oder Pflaster loswerden. Die meisten nehmen ihn jedoch gar nicht wahr.
Metro Metro Metro
Metro Metro
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Metro Metro Metro Metro
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