Laos

Im Übernachtbus geht es in 14 h von Bangkok nach Chiang Khong an die Grenze zwischen Thailand und Laos. Zum ersten Mal sehe ich den schlammbraunen Mekong. Mit der Fähre geht es rüber auf die laotische Seite. Anschliessend finde ich mich auf einem 25 m langen, sogenannten Slowboat inmitten von 50 anderen Touris wieder. Ein Isuzu 6-Zylinder Lkw-Motor schiebt das lange Holzboot durch die braune Brühe. Der Mekong ist durchsetzt von seltsamen Strudeln und Rückströmungen. Manchmal gibt es auch Stromschnellen oder Felsen, die aus dem Wasser ragen.
Chiang Khong Slowboat


Auf dem Slowboat ist es eng und unbequem, aber immer noch besser als auf einem der Speedboats. Das sind kleine, flache Gleitboote, die die Strecke bis Luang Prabang statt in 2 Tagen wie die Slowboats in einem Tag schaffen. Meist kündigt sich ein Speedboat durch ohrenbetäubenden Lärm an. Vom Boot selber ist dann noch nichts zu sehen, bis es dann plötzlich mit Höllenlärm vorbeischiesst. Die Insassen haben meist einen Helm auf. Speedboatfahren gleicht eher einem Ritt auf einer Kettensäge als einer gemütlichen Mekong-Kreuzfahrt. Hin und wieder überschlagen sich die Boote auch. Wer sich dann ans Ufer retten kann, findet sich im tiefsten Dschungel wieder.
Speedboat Dschungel


Jedenfalls habe ich auf ein Slowboat gesetzt und bin nach 2 Tagen in Luang Prabang angekommen. Im Gegensatz zum reichen Nachbarn Thailand ist Laos sehr arm und unterentwickelt. Viele Bewohner leben auf dem Land, betreiben etwas Viehzucht, bauen Reis und Bohnen an oder ernten Früchte wie Ananas, Papaya, Grapefruit, Melonen und Orangen. Der Reis ist typischerweise sehr klebrig. Mit den Fingern rollt man dann Kugeln, tunkt sie in eine Sosse und drueckt sich das Baellchen in den Mund. Am weitesten verbreitet im Land ist jedoch das berüchtigte Beerlao. Doch neben der Grundversorgung findet der Reisende eine gute Infrastruktur von Gästehäusern, Verkehrsverbindungen und Ausflugsmöglichkeiten. Der Tourismus in Laos boomt und stellt eine wichtige Einnahmequelle dar. Insbesondere aus Deutschland rücken meistens Horden von Kultouris an. Dr.Tigges und Studiosus lassen grüssen. Die freuen sich meist auch auf ein Schnäppchen auf dem sehenswerten Nachtmarkt von Luang Prabang. Hier werden jeden Abend Textilien aus Seide und Baumwolle, Holzschnitzereien, Flechtarbeiten und Silberschmuck angeboten. Luang Prabang weist aber auch einige schöne Tempel auf und in der Nähe gibt es einige sehenswerte Wasserfälle.
Luang Prabang Beerlao
Tempel Tempel Tempel
Tempel Wasserfall


Von Luang Prabang geht es in 5 Bootsstunden den Pak Ou Fluss hinauf. Die grüne Hügellandschaft des Mekongtals geht in bizarre Kalksteinfelsen über. Das Boot tuckert gegen die Stromschnellen an. In Nong Khiaew, einem Urwaldkaff am Pak Ou Fluss, ist erst einmal Zurücklehnen angesagt. Hier gibt es einige Guesthouses und Restaurants. Auf der Terrasse mit Blick über den Fluss geniesse ich zusammen mit meiner Bungalow-Nachbarin Madeleine das Dinner. Ein Gläschen Laolao (laotischer Reisschnaps) rundet schliesslich den Abend ab.
Luang Prabang Boot Madeleine


Unweit des Dorfes befinden sich einige Höhlen, in denen die Dorfbewohner vor den amerikanischen Bombardements während des Vietnamkriegs Zuflucht suchten. 2 Millionen Tonnen Bomben warfen die Vereinigten Staaten zwischen 1964 und 1975 über dem kleinen Land Laos ab. Der Nordosten ist heute noch extrem stark mit Blindgängern, sog. UXOs (unexploded ordenance), verseucht. Immer noch gibt es Unfälle. Auch direkt neben den Höhlen sind noch Einschlagskrater von Bomben zu erkennen.

Während die Kinder unbefangen in den vollgelaufenen Kratern toben, wird auf den Feldern nebendran mühevoll der Reis geerntet. Nachdem die Felder trocken gelegt sind, wird der Reis mit der Handsichel geschnitten, gebündelt und noch einen Weile zum Trocknen auf dem Feld gelassen. Dann werden die trockenen Bündel von Hand gedroschen. Zum Schutz gegen die stechende Mittagssonne haben die Reisbauern den typischen, konischen Stohhut auf. Ein Tuch vor dem Gesicht schützt zusätzlich vor dem Staub und den Spelzen, die beim Dreschen herumfliegen. Auf einer grossen Plastikplane neben der Bambushütte werden die Reiskörner noch einmal zum Trocknen ausgebreitet. Um die restlichen Spelzen von den Körnern zu trennen, wird der Reis in flache Korbschalen gefüllt und in die Luft geworfen. Der Wind oder auch ein Ventilator weht die leichteren Spelzen schliesslich weg.

In Laos isst man klebrigen Reis. Dazu wird ein Topf mit Wasser auf das Holzkohlefeuer gestellt, bis das Wasser siedet. In den Topf wird nun eine dampfdurchlässige Korbschale mit dem Reis gehängt. Die noch festen Reiskörner kleben durch den Dampf schliesslich aneinander. Was bei uns die Butterbrotsdose ist bei den Laoten der kleine Korbköcher, in dem sich der klebrige Reis befindet. Mit den Fingern werden dann kleine, mundgerechte Kugeln gerollt, in die noch Fleisch oder Gemüse eingedrückt wird.
Reisernte Reisessen


Nach mehreren, eher unbequemen Bootsfahrten will ich nun die Busse in Laos ausprobieren. Die 4 Stunden von dem Dschungelkaff Nong Khiaew zurück nach Luang Prabang sind nur ein Vorgeschmack. Der klapprige, überfüllte Kleinbus lässt kein Schlagloch aus und hält an jeder Milchkanne. In Luang Prabang checke ich gleich durch in einen grösseren, nicht weniger klapprigen Bus. Selbst nach etlichen abenteuerlichen Busfahrten in Südamerika fuhr ich bisher immer noch gerne Bus. Die 9 Stunden von Luang Prabang in die Hauptstadt Vietianne waren jedoch die Hölle. Endlose Rüttelei durch tausende von Kurven bringt das Mark in den Knochen zum schäumen. Bei jedem der zahllosen Schlaglöcher schleudert es mich zentimeterhoch aus dem Sitz. Es geht bergauf und bergab. Keine 50 m ohne Kurve. Auf dem Dach schwappt ein Bottich mit Fischbrühe über und die braune, stinkende Suppe sabbert die Seitenscheiben herunter. Leicht nachzuvollziehen, dass die Route unter Travellern auch als Vomit-Alley verschrien ist. Für ältere Laotin neben mir im Bus ist der Name schliesslich Programm.

Die Landschaft oder vielmehr das, was ich bei all der Rüttelei erkennen kann, ist jedoch grandios. Aus der grünen Berglandschaft ragen schroffe Kalksteinfelsen steil empor. Immer wieder neue Konturen zeichnen sich in schräg einfallenden Sonnenlicht ab. Der Bus durchquert etliche kleine Bergdörfer. Hier zwischen den zusammengenagelten Bambushütten, zwischen den von der harten Feldarbeit heimkehrenden Reisbauern, zwischen den Kindern, die in zerissenen Kleidern barfuss im Strassendreck spielen, hier wird die Armut der Menschen in Laos noch einmal besonders deutlich.
Bus Strassendorf
Bus nach Vientianne Bus nach Vientianne


Vientianne ist die Hauptstadt des kommunistischen Agrarstaates Laos. Vom Mekongufer aus kann man nach Thailand am gegenüberliegenden Ufer herüberblicken. Nicht nur an offiziellen Gebäuden, sondern auch an vielen Restaurants ist neben der Laotischen Flagge auch die kommunistische Flagge mit Hammer und Sichel gehisst. Der kommunistische Nachbar China ist stets präsent. Die meisten der zahllosen Leichtmotorräder kommen aus China. Auf viele Schildern und Lebensmittelverpackungen tauchen chinesische Schriftzeichen auf.
Vientianne Vientianne
Vientianne Vientianne


Von Vientianne aus führt mich die Route am Mekong entlang weiter nach Süden. Und wieder erwische ich so einen alten Klapperbus. Die Strasse ist diesmal besser, jedoch habe ich mir an unreifen Bananen den Magen verdorben. Mit polterndem Verdauungsapparat krümme ich mich apathisch in den Sitz. Wieder hält der Bus an jeder Milchkanne. Im Halbschlaf verfolge ich wie immer wieder Verkäuferinnen an Bord kommen um Grillzeug, Getränke oder Kaugummis loszuschlagen. Nach 5 Stunden wanke ich in Thakek aus dem Bus und verbringe den Rest des Tages damit geistesabwesend in dem unattraktiven Ort herumzuspazieren.
Baguette Verkaeuferin


Am nächsten Tag geht es weiter - wieder per Bus. An der Busstation werden zum Frühstück geschickt mit der Zwille ins Jenseits gepustete Eichhörnchen feilgeboten. Schliesslich geht es in den von der japanischen Regierung gesponsorten Nahverkehrsbus. Statt Liegesitze gibt es harte Kunstlederbänke ohne Kopfstütze und Haltestangen. Sind ja nur 18 Stunden!? Klar, dass wieder an jeder Milchkanne angehalten werden muss. Ist ja schliesslich ein Nahverkehrsbus. Zwischendurch werden mal eben die letzten 5 Sitzreihen bis unter die Decke mit Säcken beladen. Über eine Stunde brauche ich, um eine Schlafposition zu finden. Die muss ich jedoch alle Stunde wechseln, da immer irgendetwas drückt. Mitten in der Nacht bleibt der Bus irgendwo im nirgendwo stehen und wartet über eine Stunde.
Hoerner Nahverkehrsbus

Nach 14 Stunden muss ich schliesslich auch mal für Königstiger. Als der Bus gerade wieder zum Laden neuer Ware anhält, zeige ich dem Fahrer mein Klopapier und deute ihm meine Absicht an. Die Erleichterung währte nicht lange. Als ich von der Toilette zurück komme, ist der Bus samt Rucksack weg. Die herumstehenden Laoten quittieren meine fragenden Blicke mit Schulterzucken. "Dieses A_s_h_o_h von Busfahrer", denke ich. Meinen kleinen Rucksack mit der Kohle und den wichtigsten Sachen habe ich zum Glück aufbehalten. Verloren stehe ich an der Strasse. Es kommen nur Leichtmotorrädern vorbei, die den Bus kaum einholen können. Nach 5 Minuten spricht mich schliesslich ein Tuktuk-Fahrer mit dem obligatorischen "Where you go?" an. Mit Händen und Füssen mache ich ihm klar, dass mir gerade dieser Scheissbus vor der Nase weggefahren ist und mein Rucksack im Bus ist. Dann wird zur Aufholjagd geblasen. Was ein Glück, dass ich ein Tuktuk mit genügend Dampf unterm Plastikdach erwischt habe. Während die Standardtuktuks bei 30 km/h abregeln, jagen wir mit diesem Tuktuk mit 60 km/h hinter dem Bus her. Nach 10 min ist der Bus gestellt. Der Fahrer weist kein Zeichen von Reue auf, woraufhin ich ihm den übelsten Blick zuwerfe. Ärgerlich über den fiesen Busfahrer und über meine Unvorsichtigkeit und gleichzeitig froh meinen treuen Rucksack wieder zu haben, verbringe ich weitere 4 Stunden in dem "komfortablen" Nahverkehrsbus.


Schliesslich lande ich auf einer der Mekong Inseln, allerdings auf der falschen. Für den gleichen Preis wie die 18 Stunden Busfahrt geht es auf dem Sozius eines Leichtmotorrades noch einmal eine halbe Stunde weiter. Dass der Motorradfahrer bei meinem Gewicht mit Rucksack auf einer Holzbrücke ins Schlingern kommt und wir uns fast auf die Klappe legen, kann mich nun auch nicht mehr schocken. Nach all der Odysee komme ich schliesslich doch noch auf der Mekonginsel Don Det an. Hier gibt es wahrscheinlich mehr Guesthouses als Wasserbüffel. Die Atmosphäre ist entspannt. Man ruht sich gemütlich in Hängematten aus und bereitet sich auf den Grenzübertritt nach Kambodscha vor. Ich nutze die Gelegenheit für ein kleines Läufchen auf die Nachbarinsel Don Khon. Dabei überquere ich eine ehemalige Eisenbahnbrücke. Ein Relikt aus französischer Kolonialzeit, als die Franzosen hier ein paar Kilometer Eisenbahn bauten. Die einzige Eisenbahn in Laos. Die Schienen finden mittlerweile anderweitig Verwendung, meist als Fussgängerbrücke. Auf den Inseln gibt es viele Reisfelder und natürlich auch die typischen Wasserbüffel. Diese Viecher mit einem 1,5 m breiten Gehörn stellen sich auch schon mal gerne quer auf den schmalen Weg. Wenn ich dann angelaufen komme, bremse ich immer ab und versuche mich langsam vorbei zu schleichen. Ich will dem grimmig guckenden Büffel ja keine Angst einjagen, damit er mir auch keine Angst einjagt. Viele von den Büffeln sind jedoch höflich und treten zur Seite, wenn ich vorbei möchte. Ich bedanke mich dann mit einem lockeren "Khopchai" (laot.: danke).
M150 Don Det
See who's pulling strings Wasserbueffel


 

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