März 2007

Kurztrip in die US of A

Nach über 10 Jahren Burgerabstinenz gönne ich mir wieder 2 geballte Wochen USA. Ich will Freunde besuchen und sehen, was sich verändert hat, seit ich damals fast ein Jahr in Philadelphia verbrachte.
Flagge Tom fraport


New York City

Nach leicht thrombotischen 6 h im Jumbo von Singapur Air betrete ich mit meinen russischen Schuhen amerikanischen Boden. Zunächst nichts neues. Hüben wie drüben die gleichen Feinkostrestaurants. Unterwegs vom Flughafen JFK nach White Plains, dem Sandhausen von New York, muss ich feststellen, dass der von aussen bullig wirkende Ford Mustang letztlich doch nur eine unmotiviert zusammengekloppte Amikutsche ist. Innen wurde billigster Kunststoff verarbeitet, chromimmitierende Zierleisten beissen sich mit gebürsteter Aluminiumoberflaeche. Wie in einer Kirmeskrake liege ich im Sitz und muss mich bis kurz vor den Hexenschuss verrenken, um an den Anschnallgurt zu kommen. Wie soll das bloss ein etwas beleibterer Burgergourmet vollbringen?
meckes Flagge meckes

white plains schmeil bmw

Die Strassen in New York sind in den 10 Jahren nicht viel besser geworden. Gepaart mit dem Fahrwerk des an Arthrose leidenden Mustang lassen die Bodenwellen und Bierkasten-tiefe Schlaglöcher in mir Erinnerungen an das Hühnercurry von Singapur Air hochkommen.

"Good enough", wie man in den USA sagt, bestimmt häufig die Qualität der Produkte, die einen umgibt. Das trifft für den erwähnten Ford Mustang genauso zu wie für die ausgelutschten Strassen.

White Plains ist so eine Art Schlafstadt von New York. Hier gibt es billige Apartments, 32 qm für lumpige 2000 $ im Monat. Morgens zockeln viele Pendler mit dem Zug nach Manhattan. Auf der alltäglichen Fahrt schläft man, hört I-POD hackt auf dem Laptop rum oder zelebriert Smalltalk. Genau darin sind die Amis Meister wie kaum eine zweite Nation. Allzu oft lasse ich mich als Deutscher dazu verleiten dem Smalltalk Verbindlichkeit abzugewinnen. Nein, es ist Smalltalk und bleibt Smalltalk. Es geht nicht darum viel zu sagen, sondern nur darum zu reden. Ungefähr so wie man jemandem zur Begrüssung die Hand gibt.

Der wahre Pulsschlag New Yorks ist jedoch in Manhattan zu spüren. Hier, wo das Gewusel am dichtesten ist. Im Schatten der riesigen Hochhäuser beherrschen Geschäftsleute und gelbe Taxen das Strassenbild. Dazwischen wagen sich nur wenige lebensmüde Radfahrer mit Bahnrädern, die weder Freilauf noch Bremse haben. Vor 10 Jahren kam mir New York aber noch chaotischer vor. Es scheint mittlerweile weniger offene Baustellen zu geben. Sauberer ist es auch und die Population der Eckenpiescher ist signifikant zurückgegangen.
rockefeller broadway strassenschlucht
rise chrysler building taxen

Im Gebäude der Vereinten Nationen lasse ich mich durch die Sitzungssäle führen und lerne, dass die weltweiten Ausgaben für Waffen ein Vielfaches dessen ausmachen, was für eine Grundversorgung aller Menschen erforderlich wäre. Das UN Gebäde ist innen schlicht gehalten. Nur einige Geschenke wie Teppiche aus Weissrussland und Persien, eine japanische Glocke, eine chinesische Elfenbeischnitzerei oder norwegische Wandgemälde lockern das ansonsten graue Innere des Gebäudes auf. Die aus den Siegemächten des zweiten Weltkrieges hervorgeganenen Vereinten Nationen zählen nun über 190 Mitgliedsstaaten. Die UN hat sich zum Ziel gesetzt, den Weltfriedens zu sichern, sich für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen sowie Völker in Not zu unterstützen. Die wesentlichen Organe sind der Sicherheitsrat, der Rat für Wirtschaft und Soziales und die UNO-Vollversammlung.
UN UN

Was bei meinem Besuch vor 10 Jahren ein Bier in New York gekostet hat, weiss ich nicht mehr. Jetzt zahle ich jedenfalls 6 $/pint. Schmecken tut es genauso schlecht wie vor 10 Jahren. Der Hot Dog Kurs an der 5th Avenue liegt derzeit bei 2 $/Hund ebenfalls ohne erkennbare Qualitätsverbesserung in den letzten 10 Jahren.
sprinkler hotdog

Bunt ist Manhattan im wesentlichen entlang des Broadways, insbesondere am Times Square. Theater kündigen neonblinkend ihre Shows an. Gigantische Filmplakate und Werbebanner kleiden die Hochhausfassaden. Wer hier nicht vertreten ist, spielt nicht mit in der Weltliga. Flagge zeigen ist alles. So auch der M&M Flagship Store. Im Dunst angebrannter Schokolade wird hier kunterbuntes Made-in-China-Merchandise-Gelumps feilgeboten. Zwischendrin die bekannten Schokopastillen in allen erdenklichen Farben, hoffentlich nicht aus einer chinesischen Spritzgussmaschine kommend. Sieht man jedoch vom Broadway ab, so gibt es noch reichlich ungenutzte Werbefläche in Manhattan.
broadway mennecken mennecken
m&m m&m m&m
times sqare trommelmonster grand central
Click 4 Minivideo: "M&M Flagship Store"
Click 4 Minivideo: "Times Square @ Night"
Click 4 Minivideo: "Trommelmonster in Aktion"
Click 4 Minivideo: "Trommelmonster dreht auf"

USA, ein Serviceparadies? Naja, es gibt eben hier alle Extreme. Deswegen heisst USA ja auch das Land der Superlative. Kürzlich war ich essen im Chart House in New Jersey. Bei einem Shrimp Avocado Martini geniesse ich den Blick auf die in der tief stehenden Sonne golden leuchtende Skyline Manhattans. Während ich also eben dieses Shrimp Avocado Zeugs löffele und dazu einen Chardonnay kippe, kommt alle 2 Minuten der nervige Kellner angeschissen und fragt, ob alles recht sei. "Ich will einfach nur hier sitzen", koche ich innerlich und streiche prüfend mit dem Daumen über die Messerklinge. Da spult so ein übererzogener Kellner sein Serviceprogramm ab, ohne zu merken, dass er dem Gast tierisch auf den Keks geht.
heinz fish skyline

Szenenwechsel - "10 Uhr tritt die brasilianische Band auf", sagt man mir im Cafe Wha, einem angesagten Rockschuppen in Greenwich Village. Wieder läuft das Serviceprogramm ab. Ich werde an einen Tisch geführt, bekomme eine Karte und werde über die Regeln aufgeklärt: "2 Drinks Minimum und 10 $ für die Band, die am Ende der Rechnung aufgeschlagen werden. "Wenn die Band gut ist, lohnt das allemal", denke ich. Nun sitze ich dort, habe mir schon einen Cocktail namens Kamikaze ausgesucht und warte auf den Kellner und auf die Band. Nach 15 langen Minuten sieht es weder so aus, als ob die Band in der nächsten halben Stunde anfängt noch hat der Kellner meine Bestellung aufgenommen. Da packe ich kurzerhand meine Sachen und trinke im Groovy's nebenan meinen 9 $ Cocktail.
tom night

Auf meiner Motorradreise vom Ural zurück nach Deutschland bin ich an vielen Tankstellen vorbei gekommen. Selbst in der hinterletzten russischen Steppe musste ich nicht für das Reifen aufpumpen bezahlen. In New York jedoch zahlt man für die Luft. Als ich mit dem Fahrrad an eine etwas heruntergekommene Tanke mit angeschlossener Werkstatt komme, um meine Reifen aufzupumpen, werde ich an einen Automaten verwiesen. 3 min für 50 ct steht auf dem Aufkleber. Äh, wie war das mit dem Serviceparadies???

Im legendären Trader Joe's Supermarkt suche ich gerade im Aufschnittregal herum. Da spricht mich eine Amerikanerin an und meint, dass ich nur den Prosciutto, also den Schinken, aus Italien der Marke Farmland kaufen solle. Alles andere schmecke nicht. Dabei halte ich gerade eine Packung Prosciutto mit der Aufschrift 'Product of Germany' in der Hand. "Gnädige Frau, bei diesem Schinken weiss ich, wo er herkommt." Trotzdem will sie mir eine grünweissrote Verpackung andrehen. Als ich genauer hinsehe, steht auf dem angeblich italienischen Prosciutto 'Product of the US'. "Was? Aus den US?" guckt sie mich verdutzt an: "Dann bleiben Sie doch besser bei dem deutschen Prosciutto." Mit Mangos aus Peru gepaart lasse ich mir den deutschen Prosciutto schliesslich schmecken und überlege, ob ich jetzt nach USA gefahren bin , um dort deutschen Schinken zu essen.
prosciutto mack

Bei einem Gang über die Brooklyn Bridge geniesse ich die nächtliche Skyline von Downtown Manhattan. Schliesslich gelange ich zum Ground Zero, dem Ort, der unweigerlich mit der Zahlenkombination 9/11 verbunden ist. Von den Gebäuden des World Trade Center ist nichts mehr zu sehen ausser ein riesiges Loch mit Baufahrzeugen drin.
skyline ground zero



Philadelphia

Nach spannenden Tagen in New York City mache ich mich auf den Weg nach Philadelphia. Mit der Metro schlage ich mich zum East Broadway durch. Ich lande mitten in Chinatown. Genau wie in China muss ich mich mit Händen und Füssen zur Busstation durchfragen. Alle Schilder sind auf chinesisch, die Läden voller Reisnudeln und anderer chinesischer Spezialitäten. Es riecht nach Nudelsuppe und rohem Fisch. Die Menschen sprechen fast ausschliesslich chinesisch. Mit "chinesischer Freundlichkeit" werde ich von einer Angestellten des Busunternehmens gefragt: "Where you go, mister? -"Philly", antworte ich. "Yes, Philly. Bus leave here. You wait here, buy ticket from me." Immerhin ist der Ticketpreis für die 2stündige Busfahrt mit $10 auch chinesisch günstig.
East Broadway Nudeln Busverbindung
Click 4 Minivideo: "Welcome to Chinatown"

Als der Bus nach zwei Stunden die Ben Franklin Bridge überquert, erkenne ich die die Skyline von Philadelphia wieder. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich damals mit dem Fahrrad durch die Häuserschluchten fuhr. Der Bus hält, wie kann's auch anders sein, in Chinatown Philadelphia.
Skyline Food Truck
Es war in Philadelphia in der Independence Hall, wo sich 1776 die Vereinigten Staaten offiziell vom Britischen Königreich unabhängig erklärten. Damals hatte die Liberty Bell noch keinen Riss und läutete die Geburtsstunde der USA ein. Nach soviel Historie brauche ich erst einmal ein Bier und kehre bei McGlinchey's ein. Genau wie vor 11 Jahren gibt es zu St. Patrick's Day wieder grünes Bier. Allerdings verkneife ich mir meine Experimentierfreunde und bleibe beim lange erprobten Guinness.
Independence Hall Liberty Bell Mc Glinchey'sBen Franklin

Von Ray, einem Ex-Kommilitonen der Drexel University, werde ich herzlichst empfangen und gleich zum Schneeschaufeln eingespannt. Ray ist wie ich passionierter Golf-Fahrer. Sein 81er Golf I Rabbit wurde damals sogar in den USA montiert. Während aussenherum so ziemlich alles abfällt, schnurrt das Dieselaggregat (Made in Germany!) nach mittlerweile 369.000 Meilen noch wie ein Kätzchen. Aber auch Rays 75er Ford Pickup kann sich durchaus sehen lassen.
Ray Drexel Dragon Ford

Die Drexel University verdoppelte in den letzten zehn Jahren ihre Studentenzahlen. Auch sind einige neue Gebäude und Skulpturen auf dem Campus hinzugekommen. Im Schneeschauer steuere ich geradewegs auf Ed's Buffalo Wings. Es gibt ihn immer noch. Die Hühnerflügel mit der stinkenden Sosse (mild, medium, suicide oder XXX), dem Sellerie und dem Bluecheese sind ein wahrer Klassiker. Auch mein damaliger Vermieter Bill Mokas existiert noch. Sein schmieriger Gyros Grill heisst jetzt Bar, Cafe, Lounge. Mittlerweile verkauft er sogar auch Bier.
Drexel Dragon
Ed Wings After Wings
Lancaster Ave Bill

Doch was wäre Philly, ohne einmal die berühmten Rocky Steps am Museum of Art hochzulaufen? Oben angekommen reisse ich wie der legendäre Boxer die Arme hoch und geniesse den Blick über den Ben Franklin Parkway bis zu City Hall.
City Hall King Tut Museum of Art
Run Forest Rocky! Ben Franklin Parkway

Auf der South Street bummle ich anschliessend noch an den vielen Freak Läden entlang. Zur Feier des Tages gönne ich mir ein original Philly Cheese Steak. Das ist kein Steak im eigentlichen Sinne, sondern so ein zähes langes Brötchen, in das gebratene Rindfleischfetzen, angeschwitzte Zwiebeln und flüssiger Käse gefüllt werden. Ketchup darf natürlich auch nicht fehlen.
South Street condom Kingdom Philly Cheese Steak



Chicago

Von Philly geht es erst einmal durch die Röntgenschleuse am Flughafen. Rucksack ab, Gürtel ab, Schuhe aus, Taschen leer machen. Zum Glück darf ich die Unterhose anbehalten. Chicago beeindruckt mich sofort mit seiner stilvollen Architektur. Wuchtige Hochhäuser in Massivbauweise wechseln sich mit schwindelerregend hohen Stahlskelett-Bauten ab. Beeindruckend das Ensemble von griechischen Säulen, Art-Deko Portalen und Bauhaus Fassaden. Zwischendrin klappert die S-Bahn in 10 m Höhe durch die Häuserschluchten.
Mixed Colors Library Herald Tribune
Säulen Treppen Rundecken
Fisher Colors Mailbox Stairs
Foyer Bunny State Steet
S-Bahn unten S-Bahn Station S-Bahn oben

Gleichermassen stilvoll präsentiert sich auch der Millenium Park mit tollen Skulpturen.
Theater Donut Donut
Durchblick Tom Organic
Head Bricks Art

Im United Center schaue ich mir ein Basketball-Match der Bulls an. Die Zeiten von Jordan, Rodman, Pippin und Kukoc sind lange vorbei, so dass die Showeinlagen in den Pausen interessanter als das Spiel sind. Neben schnuckeligen Cheerleadern, gibt es ein Kettcar Rennen, ein Donut Rennen, Trommelmonster und Streetdancer. Schliesslich komme ich auch in den Genuss eines original Chicago Style Hotdogs.
United Center Hotdog Ranzen
Cheerleader Dunkin Donut Kettcar Race
Click 4 Minivideo: "United Center Opening"
Click 4 Minivideo: "Good Shot"
Click 4 Minivideo: "Streetdance"
Click 4 Minivideo: "Donut Race"



Detroit

Von Chicago aus führt mich eine 7stüdige Zugfahrt nach Birmingham bei Detroit. Dort besuche ich Freunde aus Deutschland. Kurz vor meinem Rückflug machen wir schliesslich noch eine kleine Runde durch Downtown Detroit. Dort gibt es auffällig viele Brachflächen, die als Parkplätze genutzt werden.
Zug Dowentown Detroit Trash Van


 

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